„Kunst der Partizipation“ – eine Annäherung
Die literarische Aktion des Literaturhaus Salzburg, das Zeitungstheater des Landestheater Salzburg und das Straßentheater „Wem gehört die Stadt?“ des Friedensbüro Salzburg stellten dabei in der Projektlandschaft rund um den Aktionstag Ausnahmeerscheinungen dar. Während eine Vielzahl der anderen Spielstätten ihre Fragestellungen mithilfe der von Jungk entwickelten Methode der Zukunftswerkstatt bearbeiteten, versuchten die oben genannten Projekte dem vorgegebenen Thema „Kunst der Partizipation“ mit künstlerischen Mitteln beizukommen. Ob und inwieweit diese Kunstprojekte partizipatives Potenzial bergen, wurde im Vorfeld der Veranstaltungen eingehend diskutiert und bis zuletzt von einigen TeilnehmerInnen der ZWT angezweifelt. Grund dafür: Die im Zuge der Zukunftswerkstättentagung diskutierten Partizipationsbegriffe fokussierten vor allem jenen Teilaspekt des Begriffes, der sich vornehmlich als „Bürgerbeteiligung“ beschreiben lässt und beschränkt sich damit auf eine bestimmte Ausformung von „Partizipation“. Die inhaltliche Breite und Offenheit, die der Begriff v. a. in den letzten Jahren angenommen hat (vgl. beispielsweise Moser 2010: 71ff), (*5 ) konnte im Zuge der kurzen Vorträge im Rahmen der ZWT, die sich dem Begriff v.a. im Jungkschen Sinne näherten, verständlicherweise nicht im Detail erörtert werden. Gerade im Hinblick auf die Legitimation der genannten Kunstprojekte als Ausdruck partizipativer Performancekultur erscheint aber eine Erweiterung bzw. eine Öffnung der Begriffsdefinition notwendig, um auch der Leistung der genannten Projekte gerecht werden zu können. Anhand der drei partizipativen Kunstprojekte sollen nun Parameter festgemacht werden, anhand derer sich die Möglichkeiten, aber auch Grenzen von community art oder participatory art festmachen lassen. Der Bezug zur Öffentlichkeit im Sinne der Interaktion zwischen Kunst und RezipientInnen wird dabei ebenso in den Blick genommen wie Potenziale und Spannungsfelder des öffentlichen Raums. In der vorausgehenden Projektbeschreibung soll ein grober Einblick in Ablauf und Prozesshaftigkeit der Projekte gegeben werden – auf zentrale Begriffe wird bereits an dieser Stelle verwiesen.
„Wer mitmacht, kommt vor“ oder Wege zum empowerment (Literaturhaus Salzburg )
Das im Zuge des Partizipationstages ausgerichtete Literaturprojekt sollte sich in einen öffentlichen Zusammenhang stellen und Teil des öffentlichen Raumes werden, so die Idee des Literaturhaus-Leiters Tomas Friedmann im Vorfeld der Veranstaltung. – „Literatur in die Stadt tragen“, das hatte das Literaturhaus-Team als Motto der Aktion gewählt. Ausgangspunkt des vierstündigen Projekts war aber vorerst der Veranstaltungssaal des Salzburger Literaturhauses, der zum Workshopraum umfunktioniert wurde.
Ablauf und Umsetzung: In einem halbstündigen Workshop führten zwei ModeratorInnen der ZWT in den Themenkreis „SelbsterMUTigung“ ein. Individuelle Selbstermächtigung, so das Ergebnis der gemeinschaftlichen Diskussion der ModeratorInnen mit den insgesamt sechs TeilnehmerInnen, stehe in direktem Verhältnis zur Teilhabe an sozialen, politischen, kulturellen oder wirtschaftlichen Prozessen. Die Erkenntnis, „empowerment“ sei die grundsätzliche Voraussetzung für partizipative Projekte, bildete somit die genuine Basis für die eigentliche Kunstaktion.
Der theoretischen Reflexion folgte der Versuch einer praktischen Umsetzung dieses gemeinsam erarbeiteten empowerment-Begriffs: Auf dem (Fuß-)Weg zum und am Hauptbahnhof Salzburg hatten die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, Literatur zum Thema Partizipation öffentlich zu inszenieren. Sich selbst und dem Thema eine Stimme zu geben, den Mut zur Performance aufzubringen, galt als formuliertes Ziel der ModeratorInnen Susanne Halbig (Leiterin der Mutfabrik) und Helmut Peters (Autor). Verschiedene Formen von improvisierten, aber auch spontan choreographierten Performances wurden im Zuge der Aktion am Hauptbahnhof erprobt und dokumentiert. Der in der Performance immer wiederkehrende Satz: „Wer mitmacht, kommt vor“ thematisierte dabei die Notwendigkeit des „empowerments“ für ein öffentliches Gehört-Werden. Andere Texte – meist kleinere Zitate – machten die eigene Stimme, Mut oder auch das Scheitern von Selbstermutigung zum Thema. Die Aktion wurde damit in gewisser Weise selbstbezüglich und in einem doppelten Sinn zum „performativen Akt“, wie Austin den Begriff definiert (vgl. Austin 1962: 47). (*1)
Die mitgebrachten Megafone nahmen als Gestaltungsmittel und als integrierendes Element eine Schlüsselfunktion ein: Der Spaß am Erproben des neuen Mediums und das „Sich-an-etwas-anhalten-Können“ wurden von vielen PassantInnen als Grund für ein Partizipieren an der Kunstaktion genannt. Anschließend an die „literarische Aktion“ wurde im Literaturhaus über Erfahrungen und Eindrücke reflektiert und die Ergebnisse des Projektes wurden dokumentiert.
Claudia Höckner ( 2013): Betroffene zu Beteiligten machen. Chancen und Grenzen partzipativer Kunstprojekte. In: p/art/icipate – Kultur aktiv gestalten # 03 , https://www.p-art-icipate.net/betroffene-zu-beteiligten-machen-chancen-und-grenzen-partzipativer-kunstprojekte/